Au Pair in Spanien - Spanien Infos
Spanien, das Land von Sonne, Strand und Meer, des deftigen Essens und der Fiestas. In Spanien scheint das Leben leicht, fröhlich und beschwingt zu sein und Gastfreundschaft ist für die Spanier traditionell ein hohes Gut. Doch auch in dem scheinbar idealen Urlaubsland gibt es einige Eigenheiten, die es zu berücksichtigen gilt. Vor allem muss man, um nicht anzuecken, einige typisch deutsche Maßstäbe über Bord werfen.
Fettnäpfchen:
Spanier wirken manchmal recht ruppig auf uns. Dies ist der ausgeprägten Rhythmik der Sprache geschuldet. Spanier sprechen auch gerne einige Dezibel lauter als der durchschnittliche Mitteleuropäer und sind in Diskussionen sehr engagiert. Böse gemeint ist das nur selten. Man sollte daher auf keinen Fall gereizt reagieren.
Eine Vielzahl von Festen, Feierlichkeiten und religiösen Prozessionen, etliche davon mit einer sehr langen Tradition, erwarten den Gast. Auch dort scheint die Gleichung zu gelten laut = schön, wenn ohrenbetäubende Musik aus Lautsprechern tönt oder getrommelt wird, was das Fell hergibt. Dabei gilt es einfach mitzumachen und die Ausgelassenheit der Menschen zu genießen. Falls man sich in einem Innenstadthotel einquartiert hat, wo gerade eine solche Fiesta stattfindet, hat man einfach nur Pech gehabt, es bleibt einem nichts anderes übrig, als den Lärm die ganze Nacht hindurch, unter Umständen auch tagelang, zu ertragen oder das Feld zu räumen. Auch wenn mitten in der Nacht auffrisierte Roller durch Altstadtgassen dröhnen oder die städtische Müllabfuhr, zur Vermeidung des alltäglichen Verkehrschaos, nachts ihrer Arbeit nachgeht, wird sehr deutlich, dass Spanier einfach eine komplett andere Einstellung zu Lärm haben. Sich beschweren nützt nicht nur nichts, es stößt auch auf komplettes Unverständnis. Einige der Festbräuche, etwa bei der Tomatenschlacht von Bunyol, oder der Stierhatz von Pamplona, mögen dem Besucher sehr eigenartig und archaisch erscheinen. Entweder man lässt sich bei solcherart Feierlichkeiten mitreißen oder man meidet den Ort des Geschehens.
Das Küssen bei der Begrüßung (zuerst rechte Wange, dann linke Wange, der Kuss wird eher angedeutet) ist zwischen Männern und Frauen und zwischen Frauen üblich, wenn man gut bekannt oder befreundet ist. Der Status des guten Bekannten wird einem relativ schnell zuteil und man beteiligt sich dann am besten an diesem Ritual, sonst gilt man als kühl und
Da der ganze Arbeitsrhythmus der Spanier sich auf diese beiden Tagesblöcke konzentriert, verschieben sich auch die Essenszeiten gegenüber unseren mitteleuropäischen Gewohnheiten um ein bis zwei Stunden nach hinten. Das Abendessen in den Restaurants kommt erst ab 21 Uhr so richtig in Fahrt. Wenn man um 18.30 Uhr ankommt und zu essen wünscht, erntet man meist unverständliche Blicke. Spanier pflegen grundsätzlich die Haltung, dass nicht alles sofort erledigt werden muss, sondern ruhig noch etwas warten kann. Dies bekommt man auch häufig im Restaurant zu spüren. Man darf nicht unbedingt erwarten, absolut aufmerksam und prompt bedient zu werden. In Hektik zu verfallen und sich zu beschweren, bringt nur unnötigen Stress.
Man sollte keine "Cola" bestellen, denn dies ist gleichzeitig auch das spanische Wort für Schwanz. Das könnte nämlich als Obszönität aufgefasst werden. Am besten fügt man die Markenbezeichnung hinzu und bestellt eine "Coca Cola".
Das Rauchen ist in Spanien in öffentlichen Verkehrsmitteln und Gebäuden und sogar teilweise im Freien (z.B. auf Kinderspielplätzen, vor Krankenhäusern usw.) verboten. Seit Anfang 2011 gibt es kaum noch Raucherzimmer und selbst an Flughäfen sucht man inzwischen vergeblich nach einem Raucherbereich.
Traditionell ist der Salat übrigens noch nicht angemacht, wenn er auf den Tisch kommt. Zu diesem Zweck stehen Salz, Pfeffer, Essig und Öl parat.
Die Straße ist für einige Spanier eine Spielwiese, auf der sie sich so richtig austoben können. Der Straßenverkehr läuft wesentlich hektischer ab als bei uns und ist recht gewöhnungsbedürftig. Um keinen Ärger aufkommen zu lassen, fährt man am besten flott aber defensiv, sonst kommt es leicht zum Unfall, wenn sich jemand einfach die Vorfahrt nimmt. Man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, ebenfalls alle Fünfe grade sein zu lassen und gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen. Die spanische Polizei geht mit brachialen Strafen gegen das weit verbreitete Rowdytum hinterm Steuer vor. Die hohe Kunst des berührungslosen Ein- und Ausparkens beherrscht längst nicht jeder Spanier. Man sollte das bei der Auswahl des optimalen Stellplatzes für sein heiliges Blechle berücksichtigen und darf halt auch nicht gar zu empfindlich sein. Die Polizei quittiert Bagatellschäden nur mit einem lässigen Schulterzucken.
In Spanien gilt Pünktlichkeit nicht als Kardinaltugend. Bei Treffen ist bis zu einer halben Stunde Verspätung einzukalkulieren. Abgesehen von den eigenen vier Wänden, nimmt man es auch mit der Sauberkeit nicht gar so genau. Man denkt sich wenig dabei, Müll einfach in die Landschaft zu werfen. Die Bedeutung des Umweltschutzes dringt in Spanien nur langsam ins Bewusstsein. In diesem Punkt darf und sollte man sich als Urlauber ruhig mal gegen den Trend stellen. Das Kopfschütteln der Einheimischen, wenn man das Einwickelpapier mit sich herumträgt, bis man endlich einen Papierkorb gefunden hat, hält man locker aus.
Als Gastgeschenk eignet sich am besten etwas Ess- oder Trinkbares. Optimal ist natürlich eine Spezialität, die typisch für Ihre Region ist und die man dann natürlich noch nett verpackt.
Wie in praktisch allen südlichen Ländern, so gilt auch in Spanien unausgesprochen eine gewisse Kleiderordnung, an welche sich die Einheimischen sehr genau halten. Frauen sind da etwas freier, aber den spanischen Männern würde es nie einfallen, in schmuddeligen Shorts ein einem Restaurant aufzutauchen. Lange Hose und frisch gebügeltes Hemd gehören zum Standard, nicht nur abends, sondern auch schon tagsüber, trotz der Hitze. Touristen, die nicht von ihren Sandalen, T-Shirts und kurzen Hosen lassen wollen, werden doch schon recht abschätzig betrachtet. Man kann als Reisegast sein Ansehen sehr aufpolieren, wenn man sich zumindest so halbwegs an die Etikette hält.
Spanier sprechen ungern und daher meist nur schlecht Fremdsprachen. In den großen Hotels und in Restaurants, in denen man auf Touristen eingestellt ist, hat man keinerlei Probleme. Will man jedoch die Küste hinter sich lassen und das Hinterland bereisen, was sehr zu empfehlen ist, so kommt man nicht darum herum, ein wenig Spanisch zu lernen.
Wenn Sie sich bescheidene oder auch beeindruckende Spanischkenntnisse angeeignet haben und bereit sind, diese im original-spanischen Umfeld anzuwenden, werden Sie bald feststellen, dass gewisse Formalien, die in Lehrbüchern vermittelt werden, in Spanien schlichtweg nicht mehr gelten. Generell duzen sich Spanier. Wer Leute konsequent siezt, fällt auf. Im Alltag ist also eher "tú" zu verwenden, anstatt "usted". Die einzigen Spanier, die noch gesiezt werden, sind, der König und ältere Leute. Und diese werden dann eher als "Don Juan Carlos" oder "Donna Margarita" angesprochen, also mit "Don" + Vorname anstatt mit "Señor" oder Señora" + Familienname.
In Spanien gibt es zwei kritische Gesprächsthemen, die man am besten meidet: die Zeit der Franco-Diktatur von 1939 bis 1975, die der Spanier am liebsten verdrängt, und der Stierkampf. Letzterer ist ein so zentraler Teil der spanischen Kultur und Identität, dass der Tierschutz dem eindeutig untergeordnet wird. Bis heute sind die bekannten Toreros Volkshelden, ebenso wie die populären Fußballspieler des FC Barcelona oder von Real Madrid.
Die Katalanen und Basken bezeichnet man besser nicht als Spanier. In beiden Landesteilen gibt es ausgeprägte Unabhängigkeitsbestrebungen. Man ist sehr stolz auf seine eigene Sprache, die lange Zeit unterdrückt wurde, nun aber durch spezielle Gesetze und Verordnung sehr entschieden gefördert und im öffentlichen Leben in den Vordergrund gerückt wird. InGalizien hat und pflegt man ebenfalls seine eigene Sprache, die eng mit dem Portugiesischen verwandt ist, strebt aber nicht so vehement nach Eigenständigkeit wie in den anderen genannten Regionen.
Tipp: Das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens ist in Spanien die Bar. Darunter sollte man sich nicht unbedingt einen Hort der Gemütlichkeit vorstellen, auch darf man sich nicht an den Essensresten und Servietten auf dem Boden stören. Wenn man die Spanier und deren Mentalität wirklich kennen lernen will, führt an einem morgendlichen oder abendlichen Barbesuch kein Weg vorbei. Außerdem erhält man dort zu seinem Getränk meist kostenlos noch die leckeren Tapas gereicht, kleine Zwischengerichte, die es in einer Vielzahl von Variationen gibt. In der Bar tummelt sich praktisch jedermann, von jung bis alt, männlich und weiblich. Man nimmt dort entweder einen schnellen Kaffee oder ein Bierchen oder trifft Freunde und Nachbarn zu einer ausführlichen politischen Diskussion. Anders ausgedrückt: Dort spielt sich das Leben ab.
© 2006-2012 Karl-Heinz Blos
Quelle: http://www.reiseknigge.eu/spanien.html
Kindererziehung in Spanien
Ein Wesensmerkmal, das die Spanier in allen gesellschaftlichen Ausdruckformen prägt, bei der Erziehung ihrer Kinder nicht weniger als im Straßenverkehr, ist die fehlende Systematik, der mangelnde Respekt vor Regeln, und die entschiedene Unlust, sich von abstrakten Vorgaben gängeln zu lassen.
Besonders im Zusammenhang mit Kindern sind Zuständigkeiten bedeutungslos. Wenn also auf dem Spielplatz ein Kind, das nicht das eigene ist, Schaden erleidet, gehen spanische Mütter selbstverständlich hin, nehmen das Kind in den Arm und spenden Trost. Deutsche, die das Leid eines fremden Kindes sähen, neigen eher dazu, stehenzubleiben und missbilligend nach der Mutter Ausschau zu halten, die ihre Aufsichtspflicht verletzt.
Ebenso im Verkehr. Nur das Unprinzipielle an der spanischen Art vermag zu erklären, warum die Leute so fahrlässig mit Verkehrsampeln umgehen. In ihren Augen sind Ampeln nicht nur nützlich und notwendig, sie stellen auch eine tägliche Tyrannei dar. Da den Spaniern regelmäßig eingeforderte Unterwerfungsgesten auf die Nerven gehen, behandeln sie die Verursacher der Malaise mit Verachtung. Warnung: Schlagen Sie als Deutscher in Spanien keine vergebliche Schlacht, indem sie erwachsene Menschen darauf hinweisen, sie müssten Kindern ein Vorbild sein und an der Ampel auf Grün warten, bevor sie die Straße überqueren. Niemand in Spanien könnte diesen Gedanken im Ansatz verstehen. Ordnung – oder was man in Deutschland dafür hält – ist in diesem Land keine erwünschte Tugend. Schon die spanische Geschichte lehrt, dass alle Ordnungen anrüchig sind.
Schultüten zum Schulanfang
Wer kann sich nicht daran erinnern? Der erste Schultag – höchst aufregend, viele neue Kinder, respektable Personen, auch Lehrer genannt und dann bekam man noch die Schultüte – spätestens jetzt wusste man: einen neue Ära ist angebrochen! Die Schultüte hatte dabei schon immer eine besondere Stellung für die zukünftigen Schulkinder.
Was die wenigsten jedoch wissen: die Tradition der Schultüte gibt es eigentlich nur in Deutschland, nicht aber in anderen Ländern wie zum Beispiel in Spanien. Österreich ist das einzige Land, in dem diese Tradition ebenfalls bekannt ist.
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden in Thüringen und Sachsen die Kinder bei ihrer Einschulung mit einer Schultüte beglückt. In manchen Teilen Deutschlands nannte man sie auch “Zuckertüte”, da diese früher ausschließlich Süßigkeiten enthielt. Die ersten Belege von Schultüten stammen aus Kassel aus dem Jahre 1907. Den Kindern wurde erzählt, dass in dem Haus des Lehrers ein Schultütenbaum wüchse, und wenn die Schultüten groß genug wären, dann wäre es auch höchste Zeit für den Schulanfang.
Grundlage war der Brauch der jüdischen Gemeinden, Kindern zur Beginn ihres an der Tora ausgerichteten Schullebens süßes Buchstabengebäck zu schenken als Erinnerung an das Psalmwort “Dein Wort ist in meinem Munde süßer als Honig”. Mittlerweile werden diese aber auch mit kleinen Geschenken wie Buntstiften oder anderem Schulmaterial gefüllt. Während sie zunächst nur in den größeren Städten bekannt waren, setzte sich der Brauch nach und nach auch auf dem Lande durch. Anfangs waren es die Paten, die die Tüte überreichten, heute sind es auch oft die Eltern. In den meisten Fällen werden diese einfach gekauft, in manchen Fällen machen sich die Erwachsenen jedoch auch die Mühe, diese selbst zu basteln.
Kindergeburtstage
Nirgendwo zeigt sich die Mehrdeutigkeit der Welt so unverhüllt wie bei der Kindererziehung. So zahlreich die Theorien über eine gelungene Aufzucht, so viele ernüchternde Gegenbeweise liefert das Leben. Nehmen wir das unschuldige Phänomen des Kindergeburtstags. Jeder wird zustimmen, dass dies im Leben des Kindes ein wichtiger Tag ist. Was aber soll man mit ihm anfangen? Ihn so gestalten, dass er pädagogisch wertvoll wird? Oder so, dass die Kleinen ihren Spaß haben? Am besten wohl eine Kombination aus beidem. Und hier tritt ein tiefer Wesensunterschied zwischen deutschen und spanischen Müttern zutage. Deutsche Mütter leben in einer Kultur, die sie zu pausenloser Aktivität in Sachen Kinderbetreuung anstachelt. Was in dieser Hinsicht Arbeit macht, ist gut. Zum einen wird der Geburtstagskuchen selbst gebacken, was in 90% der spanischen Haushalte nicht vorkommt. Zum anderen ist es der Impuls vieler deutscher Mütter, ein hochherziger noch hinzu, einen individuellen Kindergeburtstag auszurichten. Es wird sich ein Motto ausgedacht, gemalt, gebastelt, gekocht, gespielt, eine Schnitzeljagd veranstaltet und noch allerlei mehr Aktivitäten lassen sich deutsche Mütter einfallen. Denn bei dieser Gelegenheit lässt sich besser überprüfen, ob sich die Kinder auch niveaugerecht amüsieren – ob sie sich so verhalten, wie der tolle Kindergeburtstag, der um ihretwillen mit viel Mühe ausgerichtet wurde, es zweifellos verdient.
Diese Mühe, aus der so viel Mutterliebe spricht, würden sich spanische Mütter einfach nicht machen. Und beweisen damit wohl eine gewisse Lebensklugheit, denn am Ende könnte es ihren Kindern viel lieber sein, es mit einer standardisierten Form des Kindergeburtstags zu tun zu haben, die keine Erwartung enttäuschen kann, weil Kindergeburtstage – zumindest in dem Alter, von dem hier die Rede ist – die ewige Wiederkehr der immer gleichen Feste sind. Und die sehen in Spanien meist so aus: Die Ausrichtung der fiesta de cumpleanos wird ganz einfach gegen Geld an jemand anderen delegiert. Natürlich hängt diese Art der Geburtstagsfeier auch vom Einkommen der Eltern ab, aber da wir Spanier schon wiederholt als großzügig erlebt haben, steht einer zünftigen Party selten etwas im Wege. Man mietet also einen Raum, der für solche Zwecke zu mieten ist, mietet auch das Unterhaltungsprogramm in Gestalt eines Clowns, meistens wird derselbe Clown verpflichtet, der schon beim Kindergeburtstag der Nachbarn, Freunde und Bekannte so gute Dienste geleistet hat – warum die Dinge unnötig verkomplizieren? Und zusammen mit dem Raum bezahlt man Kuchen, Limonade, Süßigkeiten und Spielsachen. Die Vorteile: Man weiß, was man bekommt. Man kann viele Kinder einladen, mehr als in jeder Privatwohnung. Die Schokolade richtet keinen Schaden an. Überhaupt: kein Dreck, kein Ärger, keine Scherben. Die Eltern können, während die Kleinen umhersausen oder ihr bezahltes Unterhaltungsprogramm absolvieren, sich ihrerseits unterhalten und also tun, was Spanierinnen und Spanier am liebsten tun.
Mädchen oder Junge?
Babys lösen bei Spaniern unfehlbar Interesse, Sympathie, bisweilen sogar Begeisterung aus und führen zu vorhersehbaren und deshalb soziologisch präzise beschreibbaren Reaktionen. Bei Mädchen und Frauen heißt der standardisierte Entzückensausruf wahlweise “Qué mono!” oder “Qué monada!” – beides heißt in etwa so viel wie “Wie süß!” Und es liegt ja auch tiefe Wahrheit darin, dass Neugeborene, ungeachtet individueller Hässlichkeit, in den Augen ihrer Eltern immer süß sind. Spanier haben also die beneidenswerte Fähigkeit, fremde Kinder aus der Sicht der Eltern und damit so wohlwollend wie irgend möglich zu beurteilen.
Um bei fremden Neugeborenen, die einem im Kinderwagen entgegengerollt werden, das Geschlecht zu bestimmen, genügt übrigens ein einfacher Trick. Man mustert unauffällig das Ohrläppchen. Denn Mädchen bekommen unmittelbar nach der Geburt direkt im Krankenhaus Ohrlöcher verpasst, eine schmerzfreie Prozedur, die früh die Teilnahme am femininen Konkurrenzkampf erlaubt und schon im Vorschulalter zu leichten kosmetischen Vorteilen gegenüber Vertreterinnen aus Nordeuropa führt.
Für Spanier ganz unverständlich, wenn ihnen dann ein Mädchen ohne Ohrlöcher entgegenrollt. Obwohl der weibliche Nachwuchs traditionell und unübersehbar in ROSA gekleidet war, wurde aus ihm automatisch ein Junge gemacht.
Kinder in Spanien
Traut man dem Klischee, können die Spanier gut mit Kindern umgehen, etwa wie die Italiener. Allerdings hat sich die spanische Familienstruktur in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch gewandelt und von manchen familiären Üblichkeiten nur noch Schrumpfformen übriggelassen. Es ist nicht dasselbe, ob die Frau den Haushalt führt und morgens ins Büro eilt; ob sie als stramme katholische Mama in die Kirche geht oder es bleibenlässt und schließlich, ob sie elf Kinder hat oder eines. Heute gehört Spanien innerhalb Europas zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtenrate.
Dennoch dürften sich gewisse Eigenheiten erhalten haben, vielleicht sogar mehr, als Soziologen sich träumen lassen. Die spanische Mutter neigt zum Gluckenhaften, aber auf rauhbeinige Art. Ihre Stimme kann laut und durchdringend sein, damit sie für ihre Brut jederzeit hörbar ist, aber vom hohen Geräuschpegel sollte man nicht auf übertriebene Besorgnis schließen. Spanische Mütter haben einen stark ausgeprägten Herdentrieb: Es zieht sie zu anderen spanischen Müttern. Vier, fünf spanische Mütter im regen Gespräch miteinander zu sehen ist nichts Ungewöhnliches. Dadurch wird die Bedeutung der Kinder, die im Hintergrund mitunter gefährlich herumtollen, heilsam relativiert.
Wie es dem Landestemperament entspricht, begegnen Spanier der Aufzucht der Kinder mit einer gewissen Großzügigkeit. Das ist für beide Seiten von Vorteil. Einerseits sind spanische Kinder – bei vergleichbarem Lebensstandard – besser gekleidet als deutsche sowie zu festlichen Gelegenheiten feiner herausgeputzt. Anderserseits dürfen sie mit den feinen Klamotten aber auch im Dreck wühlen, denn jeder weiß, dass Kinder das am allerliebsten tun. So hoch der Aufwand für die Sonntagsgarderobe, so lässig der Umgang mit ihr: Sachen sind dazu da, getragen, versaut und wieder gewaschen zu werden.